Wer Rechnungen nicht pünktlich bezahlt, sieht sich schnell mit Mahnungen und darauffolgenden Schreiben von Inkassounternehmen konfrontiert. Diese Briefe sind oft einschüchternd und listen neben der ursprünglichen Forderung (Hauptforderung) eine Reihe von zusätzlichen Gebühren auf. Viele Schuldner zahlen aus Unsicherheit die volle Summe, obwohl ein erheblicher Teil dieser Kosten unzulässig sein könnte. Es ist essenziell, die Forderung genau zu prüfen und die Regeln für ein Inkasso zu kennen, denn nicht jede Gebühr, die ein Inkassodienstleister verlangt, ist auch rechtlich durchsetzbar.
Was ist das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG)?
In Deutschland dürfen Inkassodienstleistungen nicht von jedermann angeboten werden. Unternehmen, die gewerbsmäßig fremde Forderungen einziehen, benötigen eine Registrierung nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG). Diese Registrierung (oft als „Registrierter Inkassodienstleister“) soll sicherstellen, dass das Unternehmen über die nötige Sachkunde und Zuverlässigkeit verfügt.
Das RDG regelt jedoch nicht die Höhe der Gebühren. Wie viel ein Inkassobüro verlangen darf, ist im Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz (RDGEG) in Verbindung mit dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geregelt. Die zentrale Regel lautet: Ein Inkassounternehmen darf für seine Tätigkeit grundsätzlich nicht mehr Kosten geltend machen, als ein Rechtsanwalt für die gleiche Tätigkeit verlangen dürfte.
Wie hoch dürfen Inkassokosten maximal sein?
Die Höhe der zulässigen Inkassogebühren hängt von zwei Faktoren ab: der Höhe der Hauptforderung (Streitwert) und dem Aufwand der Tätigkeit. Die Gebühren werden anhand von sogenannten „Geschäftsgebühren“ (Gebührensätzen) aus dem RVG berechnet.
Seit der Gesetzgebung zur „Fairen Verbraucherverträge“ und der damit verbundenen Änderung des RDGEG gelten strengere Obergrenzen, insbesondere bei geringen Forderungen:
• Bei unbestrittenen Forderungen: Wenn der Schuldner die Forderung nie bestritten hat, darf die Inkassogebühr oft nur einen niedrigen Gebührensatz (z.B. 0,5 bis 0,9) ansetzen.
• Deckelung bei kleinen Forderungen: Bei Forderungen bis 50 Euro darf die Inkassogebühr oft nur sehr gering ausfallen, meist niedriger als die Hauptforderung selbst.
• Mahnkosten: Das Inkassobüro darf keine eigenen „Mahnkosten“ zusätzlich zu den Inkassogebühren erheben. Zulässig ist jedoch die Geltendmachung von Mahnkosten, die vor der Beauftragung des Inkassobüros beim Gläubiger selbst angefallen sind (meist pauschal 2,50 € bis 5,00 € pro Mahnung).
Wichtig: Die Inkassokosten müssen als sogenannter Verzugsschaden vom Schuldner nur erstattet werden, wenn sich dieser zum Zeitpunkt der Beauftragung des Inkassobüros bereits im Zahlungsverzug befand.
Zahlungsverzug tritt in der Regel durch eine Mahnung des Gläubigers ein oder automatisch 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung (bei Verbrauchern nur, wenn auf diese Folge in der Rechnung hingewiesen wurde).
Wann sind Inkassogebühren unzulässig?
Viele Inkassoschreiben enthalten Posten, die rechtlich nicht haltbar sind. Verbraucher sollten ihre Abrechnungen daher genau auf unzulässige Gebühren prüfen. Wenn Sie solche Posten entdecken, müssen Sie diese nicht bezahlen.
Hier sind häufige Beispiele für unzulässige oder zumindest stark umstrittene Inkassogebühren:
• Bearbeitungsgebühren ohne Rechtsgrundlage: Allgemeine „Bearbeitungsgebühren“, „Kontoführungsgebühren“ oder „Post- und Telekommunikationspauschalen“, die über die zulässige Pauschale (nach RVG) hinausgehen, sind oft unzulässig.
• Doppelte Gebühren: Beauftragt der Gläubiger erst ein Inkassobüro und danach für dieselbe Forderung einen Anwalt (bevor es zu einem gerichtlichen Verfahren kommt), muss der Schuldner meist nur die Kosten für eine Beauftragung tragen.
• Erfolgsprovisionen: Vereinbarungen zwischen Gläubiger und Inkassobüro über eine Erfolgsprovision dürfen nicht auf den Schuldner abgewälzt werden.
• Gebühren für wiederholte Schreiben: Wenn das Inkassobüro mehrfach identische oder sehr ähnliche Mahnschreiben versendet, dürfen die Gebühren hierfür nicht mehrfach angesetzt werden (Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht).
• Fantasiegebühren: Posten wie „Reaktivierungsgebühren“, „Hausbesuchsgebühren“ (sofern kein Hausbesuch durch einen Gerichtsvollzieher erfolgt) oder überhöhte Adressermittlungskosten sind in der Regel nicht erstattungsfähig.
• Gebühren für Ratenzahlungsvereinbarungen: Zwar darf für den Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung eine „Einigungsgebühr“ anfallen, diese ist jedoch gesetzlich gedeckelt und darf nicht überhöht sein.
Wie legt man Widerspruch gegen eine Inkassoforderung ein?
Wenn Sie eine Inkassoforderung erhalten, die unberechtigte Kosten enthält oder deren Hauptforderung Sie bestreiten, sollten Sie unbedingt schriftlich Widerspruch einlegen.Ignorieren Sie das Schreiben nicht, da sonst ein gerichtlicher Mahnbescheid oder eine Klage drohen kann.
Gehen Sie dabei wie folgt vor:
1. Widerspruch per Einschreiben: Senden Sie Ihren Widerspruch immer nachweisbar, am besten per Einschreiben (mit Rückschein) oder per E-Mail mit qualifizierter Signatur.
2. Hauptforderung anerkennen (falls berechtigt): Wenn die Hauptforderung (z.B. die ursprüngliche Rechnung) korrekt ist, zahlen Sie diese direkt an den Gläubiger (nicht an das Inkasso!). Vermerken Sie im Verwendungszweck „Nur Hauptforderung“.
3. Gebühren bestreiten: Teilen Sie dem Inkassobüro mit, dass Sie die Hauptforderung (falls zutreffend) beglichen haben und den Inkassogebühren widersprechen. Fordern Sie eine detaillierte Kostenschlüsselung und die Vorlage einer Originalvollmacht des Gläubigers.
4. Nicht einschüchtern lassen: Seriöse Inkassobüros müssen auf einen begründeten Widerspruch reagieren. Unseriöse Anbieter drohen oft weiter, scheuen aber meist den Klageweg, wenn ihre Forderungen unberechtigt sind.
Bei Unsicherheiten bieten Verbraucherzentralen und Schuldnerberatungsstellen Hilfe bei der Überprüfung von Inkassoforderungen an. Eine genaue Prüfung ist essenziell, um sich vor überhöhten Kosten zu schützen und die eigene finanzielle Situation nicht weiter zu belasten.
Quellenangaben
• Bundesministerium der Justiz. (o. D.). Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (Rechtsdienstleistungsgesetz – RDG). Abgerufen am 29. Oktober 2025, von https://www.gesetze-im-internet.de/rdg/
• Bundesministerium der Justiz. (o. D.). Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Abgerufen am 29. Oktober 2025, von https://www.gesetze-im-internet.de/rvg/
Bilquelle
• https://unsplash.com/de/fotos/20-euro-schein-auf-weissem-und-blauem-textil-r0zrjWheW2g

